Dr. Benedikt Erdmann, Soennecken eG: Vielfalt, Nachhaltigkeit und die Rolle der Genossenschaften

Wie geht die Soennecken eG mit der digitalen Transformation und Nachhaltigkeit im Handel um? Vorstandsvorsitzender Dr. Benedikt Erdmann gibt uns im Interview dazu einen Einblick und spricht über die Zukunft der Genossenschaften im Handel.

„Das Soennecken-Netzwerk kann überall in der Bundesrepublik sämtliche Leistungen rund um moderne Arbeitswelten erbringen. Es wird höchste Zeit, dieses enorme Kapital offensiver zu vermarkten.“ Dr. Benedikt Erdmann, Vorstandssprecher der Soennecken eG
„Das Soennecken-Netzwerk kann überall in der Bundesrepublik sämtliche Leistungen rund um moderne Arbeitswelten erbringen. Es wird höchste Zeit, dieses enorme Kapital offensiver zu vermarkten.“ Dr. Benedikt Erdmann, Vorstandssprecher der Soennecken eG

Wie wirkt sich die digitale Transformation im Handel auf die Soennecken eG aus, und welche Maßnahmen ergreifen Sie, um diesen Veränderungen erfolgreich zu begegnen?
Dr. Erdmann: Die Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche. Insofern prägt die Digitalisierung auch die Einkaufsgewohnheiten unserer Kunden und die Welt der Arbeit. Darauf muss der Handel reagieren und damit auch Soennecken.

Aber das ist nicht neu. Bereits vor etwa 15 Jahren haben wir damit begonnen, das PBS-Geschäft um Geschäftsfelder zu ergänzen, die zu den Gewinnern der Digitalisierung zählen. Wir haben unsere Aktivitäten im Einrichtungsbereich deutlich ausgebaut, wir haben die Nordanex im Bereich der IT-Systemhäuser gekauft, und wir bauen mit „Die Kaffeemeister“ ein Franchisesystem für Office Coffee Services auf. Mit PBS-Produkten macht Soennecken noch etwa 40 Prozent des Umsatzes, 60 Prozent machen wir in anderen Themenfeldern.

Unsere Mitglieder stehen vor derselben Herausforderung. Sie wissen, dass es keine gute Idee ist, sich allein auf an Papier gebundene Produkte als Handelsware zu verlassen. Soennecken ist daher einerseits der beste Partner im Markt für das PBS-Geschäft; gleichzeitig ist der Fachhandel bei uns aber auch richtig, wenn er neue Geschäftsfelder aufbauen und sich für die Zukunft aufstellen will.

Der Aufbau neuer Geschäfte kostet Geld. Daher muss man damit beginnen, solange das traditionelle Geschäft noch gute Erträge abwirft. Der Volksmund sagt: „Repariere das Dach, solange die Sonne scheint.“ Ich bin daher sehr froh, dass wir frühzeitig begonnen haben. Ich will nicht darüber nachdenken, was passiert wäre, wenn wir erst jetzt angefangen hätten.
Das PBS-Geschäft ist aber immer noch unser ertragsreichstes Geschäft, und das wird es noch lange Zeit bleiben. Wir investieren daher auch sehr viel in unsere Logistik und in Sortimente. Und wir sorgen dafür, dass wir ausreichend Einkaufsvolumen haben, um unseren Mitgliedern attraktive Konditionen und Preise bieten zu können. Volumen ist wichtig. Daher brauchen wir Wachstum – besonders in einem schwierigen Markt.

„Veränderungen sind weder gut noch schlecht; sie sind eine Tatsache. Man kann sich gegen sie wehren, oder man kann sie freudig annehmen und das Beste aus ihnen machen. Ich habe mich für Letzteres entschieden.“ Dr. Benedikt Erdmann
„Veränderungen sind weder gut noch schlecht; sie sind eine Tatsache. Man kann sich gegen sie wehren, oder man kann sie freudig annehmen und das Beste aus ihnen machen. Ich habe mich für Letzteres entschieden.“ Dr. Benedikt Erdmann

Wie gehen Sie in Overath mit den Herausforderungen der Nachhaltigkeit im Handel um, und welche Schritte unternehmen Sie, um ökologischer und sozialverantwortlicher zu werden?
Dr. Erdmann: Ökologische Nachhaltigkeit wird für uns alle zur Überlebensfrage. Einerseits, weil wir unsere Lebensgrundlage erhalten müssen und andererseits, weil unsere Kunden ihre Lieferanten danach auswählen werden. Das ist heute vielleicht noch nicht allzu oft der Fall; aber das wird sich recht schnell ändern. Soennecken hat daher nicht nur ein umfangreiches ökologisches Sortiment aufgebaut, sondern wir bieten auch einen CO2-neutralen Paketversand und erproben gerade die Auslieferung per Fahrradkurier, – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Außerdem ist unser Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 zertifiziert. Vielfach können unsere Mitglieder bereits dadurch bei Kunden punkten, dass sie auf die ökologischen Standards ihrer Genossenschaft verweisen: Wenn wir die komplette Wertschöpfungskette für das Warengeschäft für unsere Mitglieder abwickeln, können sie sich vollkommen zu Recht unsere ökologischen Standards zu eigen machen.

Soziale Verantwortung ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Wir haben daher unseren Direktbezug aus Asien eingestellt und arbeiten nur mit Partnern, die gewährleisten können, dass die Arbeitsbedingungen in den Fabriken weltweit festgelegten Standards entsprechen. Dass wir in Deutschland alle sozialen Standards einhalten und hier in unserer Branche recht weit vorne sind, versteht sich von selbst. Hier haben wir sehr umfangreiche Aktivitäten vom Lohngefüge über unsere betriebseigene Kita bis hin zu einer Unterstützungskasse für in not geratene Mitarbeiter.

Nachhaltigkeit braucht zudem eine gute Unternehmensführung. In einer Genossenschaft sind die Kunden zumeist gleichzeitig die Anteilseigner. Daher ist es stets eine Abwägung, ob Gewinne in Form von niedrigen Preisen oder günstigen Dienstleistungen bei den Mitgliedern anfallen oder ob die Genossenschaft selbst Gewinne erzielen und Eigenkapital aufbauen soll. Diese Frage ist nicht trivial und darüber muss immer wieder aufs Neue entschieden werden. Ich bin froh, dass wir hier in der Vergangenheit offensichtlich einen guten Weg gefunden haben.

Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen ist es von enormer Bedeutung, dass sich der Handel auf eine finanzstarke Genossenschaft verlassen kann. Genossenschaften müssen daher wie alle anderen Unternehmen auch nachhaltig profitabel sein und ausreichend Eigenkapital aufbauen. Nur profitable Unternehmen haben eine Zukunft. Das gilt auch für Genossenschaften. Und ich möchte hinzufügen: Das gilt besonders für Genossenschaften. Denn wir tragen eine besondere Verantwortung für das Geschäft unserer Mitglieder.
Gute Unternehmensführung ist somit zentral, – wie aktuelle Entwicklungen zeigen. Wir arbeiten mit dem Geld anderer, – nämlich dem unserer Mitglieder. Sie erwarten zurecht, dass wir es in ihrem Sinne verwenden. Über den Weg kann und muss man manchmal streiten, – aber nicht über den Grundsatz.

Weitere Informationen zu unserem Engagement finden Interessierte im Nachhaltigkeitsbericht sowie im Geschäftsbericht auf unserer Website.

Soziale Verantwortung ist bei der Soennecken eG in Overath ebenfalls ein wichtiges Thema.
Soziale Verantwortung ist bei der Soennecken eG in Overath ebenfalls ein wichtiges Thema. © Fotos: Soennecken eG / J. Rolfes

Wie wird sich die Rolle von Genossenschaften im Handel in den kommenden Jahren entwickeln, und welche Perspektiven sehen sie für die Soennecken eG und die Mitglieder in diesem Kontext?
Dr. Erdmann: Die Herausforderungen für den mittelständischen Handel werden doch Jahr für Jahr größer. Wie soll denn ein mittelständischer Händler die zunehmenden Anforderungen aus den Bereichen Technologie, Logistik, Finanzierung, Bürokratie und so weiter allein bewältigen? Ich glaube, das geht nur gemeinsam, und dafür bietet eine Genossenschaft den idealen Rahmen.

Wir bei Soennecken haben uns vorgenommen, die bestmögliche Plattform für Logistik, Technologie und Vermarktung für alle Unternehmen zu sein, die sich mit der Gestaltung moderner Arbeitswelten befassen. Und das tun unsere Mitglieder alle: Sie verkaufen Büromaterial, richten Büros ein, installieren Drucker oder Dokumentenmanagementsysteme, sorgen für eine funktionierende IT und kümmern sich auch darum, dass unsere Kleinsten die besten Produkte an ihrem „Arbeitsplatz“ haben: der Schule.

Wir haben gerade eine einmalige Chance: Nach Corona redet alle Welt über die Zukunft der Arbeit und über New Work. Was für eine Riesengelegenheit für uns! Unsere Mitglieder kümmern sich seit Jahrzehnten um die Welt der Arbeit. Und wir wollen einen größeren Beitrag dazu leisten, dass dies stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit dringt. Das Soennecken-Netzwerk kann nämlich überall in der Bundesrepublik sämtliche Leistungen rund um moderne Arbeitswelten erbringen. Es wird höchste Zeit, dieses enorme Kapital offensiver zu vermarkten.

Außerdem glaube ich, dass der technologische Fortschritt erhebliche Chancen mit sich bringt. Zurzeit wird viel über ChatGPT diskutiert. Ich kann jedem nur dringend empfehlen, sich mit den Möglichkeiten künstlicher Intelligenz zu befassen. Diese Technologie wird unsere Arbeitsabläufe, das Einkaufsverhalten und damit auch die Vermarktung und Kundenbetreuung erheblich verändern. Es ist die Aufgabe einer Genossenschaft, hier voranzugehen, Potenziale zu suchen und für die Mitglieder nutzbar zu machen.

Ich gebe zu, dass mir auch noch nicht ganz klar ist, wie wir diese Aufgaben angehen und bewältigen sollen. Das wird kein Spaziergang, denn auch unsere Mittel sind begrenzt. Ich bin mir aber sicher, dass es unsere Aufgabe ist, einen Beitrag dazu zu leisten, die wachsenden Herausforderungen für unsere Mitglieder lösbar zu gestalten und dass wir einen guten und pragmatischen Weg finden werden.

Dr. Benedikt Erdmann, Soennecken eG: „Das PBS-Geschäft ist immer noch unser ertragsreichstes Geschäft, und das wird es noch lange Zeit bleiben. Wir investieren daher viel in unsere Logistik und Sortimente.“
Dr. Benedikt Erdmann, Soennecken eG: „Das PBS-Geschäft ist immer noch unser ertragsreichstes Geschäft, und das wird es noch lange Zeit bleiben. Wir investieren daher viel in unsere Logistik und Sortimente.“

Wie haben Sie die letzten 27 Jahre in der Soennecken eG erlebt, und welche Veränderungen haben Sie im Unternehmen und in der Branche wahrgenommen? Wo sehen Sie die Soennecken im Jahr 2030?
Dr. Erdmann: Unsere Branche ist seit jeher Veränderungen unterworfen. Heute betrachten wir die Digitalisierung als Game Changer, aber auch früher gab es schon Entwicklungen, die den Markt radikal verändert haben. Ein Beispiel: In den 90er-Jahren gab es noch keine Paketdienste. Da wurden Pakete per Post verschickt. Das war aber kein Weg, Ware zum Kunden zu bringen. Als dann die ersten Lieferdienste kamen, veränderte dies die gesamte Lager- und Logistikinfrastruktur – und verlangte dadurch auch den Händlern und unserer Genossenschaft ab, sich zu verändern und weiterzuentwickeln. Ich will damit sagen: Veränderungen sind weder gut noch schlecht; sie sind eine Tatsache. Man kann sich gegen sie wehren, oder man kann sie freudig annehmen und das Beste aus ihnen machen. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Damit ist Soennecken ganz gut gefahren, und ich bin es auch.
Und was bis 2030 ist, vermag ich beim besten Willen nicht zu sagen. Wer hätte sich zugetraut, im Jahre 2015 den Zustand der Welt im Jahre 2023 zutreffend zu prognostizieren? Wir haben uns ein Arbeitsprogramm gegeben und haben gewisse Leitlinien für unser Handeln. Beides habe ich versucht, in diesem Interview zu skizzieren.

Herr Dr. Erdmann, vielen Dank für Ihre Ausführungen.
www.soennecken.de